
Nachbericht zur 34. Generalversammlung von Oikocredit Austria
Aktuelles
Die 34. Generalversammlung von Oikocredit Austria brachte einen Führungswechsel mit Aglaë Hagg-Thun als neue Vorsitzende. Der Jahresrückblick 2024 zeigt trotz Rückgang bei Mitgliedern eine nachhaltige Wirkung im Globalen Süden. Für 2025 stehen das 35-jährige und 50-jährige Jubiläum sowie verstärkte Bildungs- und Online-Initiativen im Fokus.

Wechsel im Vorstand
Es war ein sehr freundlicher Wechsel an der Spitze von Oikocredit Austria zu Beginn der 34. Generalversammlung. Friedhelm Boschert, seit 10 Jahren Vorsitzender, sagte, er möchte „etwas zurückstecken und den Vorsitz in neue Hände geben“. Vor Kurzem hat er sein neues Buch Positives Geld veröffentlicht und will gemeinsam mit Kolleg*innen aus Österreich eine Bildungsplattform ausbauen: „Bereits Schüler*innen sollen lernen, wie man mit Geld besser umgeht. Und da wird Oikocredit auch ihren Platz finden.“
Neue Vorsitzende ist seine bisherige Stellvertreterin Aglaë Hagg-Thun. Ihr Stellvertreter wird Klaus Bergsmann, ein Fachmann für nachhaltige Geldanlage und früher in leitender Position bei der Erste Group. Er ist in mehreren Organisationen sehr aktiv, insbesondere bei Oikocredit.
Aglaë Hagg-Thun merkt an, dass Friedhelm Boschert die Latte „extrem hoch gelegt“ hat, sie sich aber trotzdem über jeden Beitrag aus dem Kreis der Mitglieder freue, „auch über unangenehme Fragen“. Denn das Zusammenspiel mit den Mitgliedern sei das Wesen einer Genossenschaft und einer Gemeinschaft.

Jahresrückblick 2024: Herausforderungen und Erfolge
Nach einer Video-Präsentation über 50 Jahre Oikocredit International führte die Moderatorin Bettina Kerschbaumer zum formalen Teil: Finanzbericht 2024 und Ausblick 2025 durch Kassier Rainald Tippow, Bericht des Rechnungsprüfers Robert Valenta von der KPMG sowie Abstimmungen über Tagesordnung, Protokoll und Budget.
Im Jahresrückblick 2024 präsentierte Friedhelm Boschert das neue hauptamtliche Team mit Geschäftsführerin Sarah Ramkissoon. „Seit der Pandemie hat sich einiges verändert“, meinte er. Die Investmentsumme in Österreich ist von 135 auf 117 Mio. Euro gesunken, die Zahl der Mitglieder von 6.537 auf 6.202. Zwar konnten neue Mitglieder gewonnen werden, doch unter dem Strich ist ein Rückgang zu verzeichnen. Die positive Wirkung im Globalen Süden bleibt jedoch weiterhin bemerkenswert. Er berichtet von der Veranstaltungsreihe „Oikocredit unterwegs“, Präsenz in Schulen mit rund 140 Schüler*innen und von Messeständen. In 46 Veranstaltungen wurden über 1.000 Menschen erreicht.

Ausblick 2025: Jubiläen und digitale Vernetzung
Im Ausblick für das Jahr 2025 meinte Aglaë Hagg-Thun, dass sich der Kontakt zu den Mitgliedern und Investor*innen ändert – es wird schwieriger. Wenn jemand das Geld für notwendige Ausgaben von wo anders hernimmt und nicht vom Oikocredit-Investment, so „bin ich sehr dankbar“, sagt sie.
Höhepunkte 2025 sind das 50-jährige Jubiläum von Oikocredit International mit einer Feier am 4. November in Rotterdam und das 35-jährige Jubiläum des Österreichischen Fördervereins am 17. Oktober. Zudem wird es Online-Veranstaltungen mit Partner*innen aus dem Globalen Süden geben, als „Brücke“ zu den Anleger*innen. Auch die Schulworkshops bleiben weiterhin ein wichtiger Fokus im Förderverein, um Bewusstseinsbildung bei den nächsten Generationen zu stärken. Aglaë Hagg-Thun betont: „Wenn ein Mann einen Kredit bekommt, hast du ein Leben gerettet, wenn du einer Frau einen Kredit gibst, hast du die ganze Nation gerettet.“ Denn jede Frau, die wirtschaftlich eigenständig wird, zieht andere mit.

Soziale Wirkung und Investitionen im Globalen Süden
Damit zu Mirjam t’Lam, Geschäftsführerin von Oikocredit International, mit der 50-Jahres-Bilanz und einem Rückblick auf das Jahr 2024. Im letzten Jahr wurden fast 4,3 Mio. kleinste, kleine und mittlere Unternehmen unterstützt, die überwiegend von Frauen geführt werden und sich mehrheitlich in ländlichen Regionen finden. Mehr als 84 Mio. Euro wurden in Bildung, Wasser- und sanitäre Versorgung sowie in Wohnraum investiert, das ist ein Plus von 47% zum Vorjahr. Nicht ganz so positiv sehen die Finanzen aus. Wie immer in Krisenzeiten trifft es vulnerable Gemeinschaften und Länder besonders.
In Peru haben die politischen Unruhen zu Zahlungsausfällen geführt, in Bolivien gab es eine massive Währungskrise. Die Landeswährung Boliviano fiel gegenüber dem Dollar ins Bodenlose. Das Einwechseln der Kreditrückzahlungen von Boliviano in Dollar wurde für die Menschen zu teuer – das traf den Rückfluss an Oikocredit. In Westafrika machte die Trockenheit den Schokoladenanbau unmöglich: „Kein Geschäft, keine Kreditrückzahlung“, so Mirjam t’Lam. Unter dem Strich ist es ein Minus von 8,1 Mio. Euro, daher wird im Jahr 2024 keine Dividende ausgezahlt. Die Qualität der einzelnen Anteile, also der Nettoinventarwert (NAV), der die Sicherheit der Anlage angibt, sank zwar von 214€ auf knapp 212€, liegt aber immer noch deutlich über dem Nennwert von 200€.
Weitere Unsicherheiten bringt die Ankündigung von US-Präsident Donald Trump, die US-AID, also die Entwicklungshilfe, empfindlich zu kürzen. Große Aufmerksamkeit ist nun gefragt, Beratung und Schulung werden auf allen Ebenen ausgebaut, denn, so Mirjam t’Lam: „Ausbildung schützt Kund*innen und Anleger*innen“, hilft also, Zahlungsausfälle zu vermeiden. Dazu zählen auch neue landwirtschaftliche Techniken bei Trockenheit und erneuerbare Energien.
Trotz Krisenzeiten und Rückzahlungsschwierigkeiten einiger Partner*innen war die soziale Wirkung von Oikocredit im Jahr 2024 wie seit 50 Jahren nachhaltig wirksam.

Paneldiskussion mit der Austrian Development Agency (ADA)
Völlig Neues brachte die Paneldiskussion mit Doris Gebru-Zeilermayr, Expertin für Mikrofinanz bei der Austrian Development Agency (ADA), der Entwicklungshilfeabteilung des Außenministeriums. Die ADA ist eine staatliche Geberorganisation, während Oikocredit eine private Genossenschaft ist, die Kredite an Partnerorganisationen im globalen Süden vergibt. Die Paneldiskussion brachte einen wertvollen Austausch, bei dem beide Wege desselben Ziels, den globalen Süden zu fördern, beleuchtet wurden.

Aglaë Hagg-Thun beendet die Generalversammlung mit den folgenden Worten: