Nachhaltige soziale Wirkung schaffen: Ein Interview über die Beratungs- und Schulungsprojekte von Oikocredit

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Wir interviewten Barbara Rademaker, Leiterin der Abteilung für Beratung und Schulungen bei Oikocredit, über ihren Ansatz zur Stärkung von Organisationen und Förderung nachhaltiger Wirkung.

Barbara Rademaker, Oikocredit’s Capacity Building Manager

Beratungs und Schulungsprogramme spielen eine entscheidende Rolle im Impact Investing, werden aber oft unterschätzt. Diese Programme gewährleisten nicht nur finanzielle Unterstützung für Organisationen und Gemeinschaften, sondern auch die Entwicklung nötiger Fähigkeiten, um Projekte erfolgreich umzusetzen. So entstehen langfristige soziale, ökologische und wirtschaftliche Verbesserungen. 

Stärkung lokaler Partner für nachhaltige Wirkung

Oikocredit berät und schult Partner vor Ort, um ihre Fähigkeiten zu stärken. So verbessern sie ihr Ressourcenmanagement, setzen Projekte erfolgreicher um und treffen fundierte Entscheidungen im Einklang mit ihren Zielen. 

Besonders in unterversorgten Regionen hilft diese Unterstützung den Oikocredit-Partnern, sich weiterzuentwickeln. Dadurch entstehen langfristige Lösungen statt Abhängigkeit von externer Hilfe. So bleiben die Initiativen auch über die Anfangsinvestition hinaus nachhaltig bestehen. 

Mehr Wirkung und weniger Risiko durch gezielte Unterstützung

Gut ausgebildete und informierte Organisationen verringern Risiken wie Missmanagement oder Ineffizienz. Dadurch steigen sowohl die finanziellen Erträge als auch die soziale Wirkung. 

Im folgenden Interview erklärt Barbara Rademaker, Leiterin der Abteilung für Beratung und Schulungen bei Oikocredit, ihren Ansatz zur Stärkung von Organisationen und Förderung nachhaltiger Wirkung. 

Wie lange arbeiten Sie schon bei Oikocredit, und was haben Sie vorher gemacht?

Ich habe im Januar 2021, auf dem Höhepunkt von Covid-19, bei Oikocredit angefangen, aber meine Reise im Bereich des Impact Investing begann schon viel früher. Im Jahr 2004 zog ich von den Niederlanden nach Bolivien und begann, mich für die Armutsbekämpfung zu engagieren. Ich unterstützte Kleinbauern und -bäuerinnen bei einer lokalen Nichtregierungsorganisation, die auf Biohandel spezialisiert ist. 

Barbara Rademaker, Oikocredit’s Capacity Building Manager
Der Zugang zu Finanzmitteln schafft greifbare Wirkung, aber Kredite allein reichen nicht aus – Organisationen brauchen gezielte Unterstützung, um langfristig erfolgreich zu sein.

Im Jahr 2011 zog ich nach Peru und stieg als Investment Officer in die Welt des Impact Investings ein. Dort wurde mir klar: Der Zugang zu Finanzmitteln kann viel bewirken, aber Kredite allein reichen nicht aus – Organisationen brauchen gezielte Unterstützung, um langfristig erfolgreich zu sein. 

Was umfasst Beratung und Schulungen?

Beratung und Schulungen bedeutet, dass wir Organisationen nicht nur finanzielle Mittel bereitstellen, sondern ihnen auch die Instrumente, Fähigkeiten und Unterstützung zu geben, die sie benötigen, um widerstandsfähiger und effektiver zu werden. Unser Fokus liegt darauf, unsere Partnerorganisationen in ihrer unternehmerischen, sozialen und ökologischen Entwicklung zu unterstützen, damit sie ihren Gemeinschaften besser dienen können

Oikocredit’s Capacity Building Manager
Beratung und Schulungen bedeutet, Organisationen die Instrumente, Fähigkeiten und Unterstützung zu geben, die sie brauchen, um widerstandsfähiger und effektiver zu werden, und nicht nur Geld bereitzustellen.

Oikocredit stärkt ihre Partner, damit sie sich finanziell, sozial und ökologisch weiterentwickeln und ihre Leistung verbessern. Das kann Schulungen im Finanzmanagement oder Marketing umfassen, aber auch technisches Know-how für nachhaltige Landwirtschaft oder Schulungen zu Governance und Unternehmensführung. Wir bieten zudem Programme, die den Austausch zwischen Organisationen fördern und Technologien zur Anpassung an den Klimawandel vermitteln. 

Wie wählt Oikocredit Partnerorganisationen aus, die Beratung und Schulungen bekommen?

Der Prozess beginnt in der Regel mit dem Investment-Team von Oikocredit. Unsere Investment Officer stehen in engem Kontakt mit den Partnern und identifizieren deren Bedürfnisse. Diese Erkenntnisse fließen direkt in die Entwicklung von Projekten ein.

Oikocredit ist einzigartig, weil wir auch mit Organisationen außerhalb unseres Investitionsportfolios zusammenarbeiten. Ziel ist es, Unternehmen in den relevanten Sektoren zu stärken und ihre Investitionsfähigkeit zu verbessern. Deshalb unterstützt Oikocredit auch Organisationen, die keine Partner sind.

Können Sie einige konkrete Beispiele nennen?

Ein Beispiel ist unser Programm zur Unternehmensführung und Nachfolgeplanung für familiengeführte kleine und mittlere Unternehmen (KMU). Ohne geregelte Nachfolge geraten Unternehmen und ganze Lieferketten, etwa kleinbäuerliche Kooperativen, in Schwierigkeiten.

Viele KMU kämpfen mit informellen Entscheidungsprozessen und einer hohen Abhängigkeit von Schlüsselpersonen, oft den Unternehmensgründern. Besonders das Thema Nachfolgeplanung ist in manchen Familien sensibel oder sogar tabu. Doch fehlende Planung kann ein erhebliches Risikopotenziel für Investoren darstellen.

Zusammen mit der Strathmore University haben wir ein Family Business Executive-Programm entwickelt, das Unternehmen dabei unterstützt, eine klare Nachfolgestrategie zu erarbeiten. Das Programm umfasst einen fünftägigen Kurs sowie ein sechsmonatiges Coaching mit individuellen Sitzungen für jede Familie.

Wir ziehen internationale Expert*innen hinzu, wenn spezifisches Fachwissen vor Ort nicht verfügbar ist. In solchen Fällen bringen wir sie mit lokalen Berater*innen zusammen, um den Wissenstransfer zu gewährleisten.

Es geht nicht nur um die Schulungen, sondern auch darum, Coaches zu haben, die sich mit den Familien zusammensetzen und sie bei schwierigen Gesprächen über Unternehmensführung und Gewinnverteilung begleiten. Besonders wertvoll ist dabei die Zusammenarbeit mit einer lokalen Universität, die über umfangreiche Erfahrung in diesem Bereich verfügt und den kulturellen Kontext bestens versteht. Wann immer möglich, setzen wir auf lokale Berater*innen. Internationale Expert*innen holen wir nur dann hinzu, wenn spezielles Fachwissen vor Ort fehlt. In solchen Fällen arbeiten sie eng mit lokalen Fachleuten zusammen, um Wissen gezielt weiterzugeben und an die regionalen Gegebenheiten anzupassen. 

Ein weiteres Beispiel ist unser Engagement im SSNUP-Programm. Dieses zehnjährige Programm mit 55 Millionen Euro stärkt Kleinbauern sowie landwirtschaftliche Wertschöpfungsketten in Subsahara-Afrika, Lateinamerika und Asien. Neben finanzieller Unterstützung stehen technische Hilfe und nachhaltige Anbaumethoden im Fokus. So steigern wir die Widerstandsfähigkeit und Produktivität von bis zu zehn Millionen Kleinbauern und -bäuerinnen.

Wie messen Sie den Erfolg Ihrer Initiativen?

Die Wirkung unserer Schulungs- und Beratungsprojekte zeigt sich nicht nur in kurzfristigen Zahlen. Wichtiger sind nachhaltige Verbesserungen, die Geduld und tiefes Verständnis erfordern. Es geht nicht um schnelle Erfolge oder Checklisten.

Wir erfassen zwar ESG-Kennzahlen – also Umwelt, soziale Wirkungen und verantwortungsvolle Unternehmensführung. Doch echter Fortschritt braucht Zeit. Entscheidend ist, dass unsere Partner das Wissen aufnehmen und anwenden.

Barbara Rademaker, Oikocredit’s Capacity Building Manager
Die Projekte sollten von unseren Partnern geführt und getragen werden. Gleichzeitig legen wir großen Wert auf klare Ziele und eine sorgfältige Erfolgskontrolle.

Um dies zu fördern, versuchen wir die Partner in den Fahrersitz zu setzen. Die Projekte sollten von ihnen geleitet und besessen werden. Aber wir sind kritisch bei der Definition und Überwachung wichtiger Ziele und Meilensteine... Wir verlangen auch, dass die Partner ko-investieren. in Kapazitätsaufbau, sowohl finanziell als auch mit ihren menschlichen Ressourcen. Wir haben gesehen, wie dieses gemeinsame Engagement zu besseren Ergebnissen führt.

Welche Rolle spielt Peer-to-Peer-Lernen?

Wir sind davon überzeugt, dass Peer-to-Peer-Lernen einer der wirkungsvollsten Ansätze für Beratungs- und Schulungsprojekte ist. Wir haben sehr gute Erfahrungen damit gemacht, wenn Partner durch Besuche vor Ort und den direkten Wissensaustausch voneinander lernen. 

Ein gutes Beispiel ist unsere Partnerorganisation Farmerline, ein in Ghana ansässiges Agrartechnologieunternehmen. Sie haben eine Software entwickelt, die die Mobiltelefone der Landwirt*innen in intelligente Informationszentren verwandelt. Die digitale Plattform bietet Informationen über klimagerechte Praktiken, Marktpreise, Marktplatzdienste und das lokale Wetter. Nach einem Besuch bei Farmerline und der Erprobung seiner Technologie hat ein anderer Partner ähnliche Lösungen in seiner eigenen Organisation eingeführt. 

Wie stellt Oikocredit sicher, dass Beratungs- und Schulungsprojekte mit den eigenen Wirkungszielen und der Investitionsstrategie übereinstimmt? 

Die Verknüpfung von Beratungs- und Schulungsprojekten und unsere Investitionsstrategie ist ein zentraler Schwerpunkt unserer Arbeit. Unsere Investment Officer sind sehr engagiert und unterstützen Partner intensiv – viele unserer Beratungs- und Schulungsangebote entstehen direkt aus ihren Erkenntnissen. Die Herausforderung besteht weniger in der Motivation, sondern vielmehr darin, die besten Wege zu finden, um den Bedarf in wirksame Projekte umzusetzen. 

Welche neuen Trends oder Herausforderungen sehen Sie für die Zukunft?

Der Klimawandel ist zweifellos die größte Herausforderung für die Oikocredit-Partner. Wir konzentrieren uns besonders auf die Klimaanpassung. Denn während alle über den Klimaschutz reden, haben unsere Partner mit den unmittelbaren Folgen zu kämpfen: Überschwemmungen, Dürren und steigende Produktionskosten aufgrund von klimabedingten Unterbrechungen der Lieferkette. 

Diese Herausforderungen sind eng mit wirtschaftlichen Entwicklungen verknüpft. So können sich beispielsweise Veränderungen im Kaffeekaufverhalten auf ganze Wertschöpfungsketten auswirken. Wenn in großen Kaffeeanbaugebieten Frost herrscht, steigen die Preise für unsere Partner. Das hat direkte Auswirkungen auf unsere Partnerorganisationen, da sie mehr Kapital benötigen, um den Landwirt*innen faire Preise zu zahlen. Zudem kämpfen Genossenschaften mit Finanzierungslücken zwischen Erntezeitpunkt und verzögerten Vertragsauszahlungen. 

Auch politische Veränderungen beeinflussen unsere Arbeit. Regierungsprioritäten in Industrie- und Schwellenländern bestimmen mit, welche Mittel für Entwicklungsinitiativen verfügbar sind. Klimawandel, Politik und Marktveränderungen sind eng verknüpft und machen unser Umfeld immer komplexer. 

Unser Ansatz bleibt jedoch klar: Wir konzentrieren uns darauf, unsere Partnerorganisationen durch diese Herausforderungen zu begleiten. Wir können nicht alle Probleme lösen, aber wir können Organisationen dabei unterstützen, widerstandsfähiger zu werden und sich an eine sich wandelnde Welt anzupassen. 

Möchten Sie etwas bewirken?

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