4. Quartalsbericht 2024: Wir passen unsere Strategie an

Finanzbericht

Viermal im Jahr veröffentlicht Oikocredit wichtige Fakten und Zahlen zum vorangegangenen Quartal. Hier bieten wir unseren Anleger*innen und Interessierten einen zusätzlichen Kontext zu den Entwicklungen im vierten Quartal 2024.

Umsetzung unserer Strategie 2022-2026

Ein zentrales Element des Strategieplans 2022-2026 von Oikocredit ist es, einkommensschwache Gemeinschaften mit Investitionen dabei zu unterstützen, sich besser gegen grosse Risiken wie die Auswirkungen des Klimawandels zu wappnen. Im vierten Quartal (Q4) 2024 ist unser gemeinschaftsorientiertes Portfolio, einschliesslich Investitionen in Partnerschaften und Projekte in Bildung, Wasser und Sanitäreinrichtungen, Wohnungsbau und Gemeinschaftsinfrastruktur, auf 84,4 Millionen Euro angestiegen (von 72 Millionen Euro im Q3).

Zu den wichtigen strategischen, mehrjährigen Partnerschaften mit Fokus auf die Gemeinschaft gehören Aqua for All und Water.org (Wasser und Sanierung) sowie Opportunity International (bezahlbare nicht-staatliche Schulen). Seit dem Start im Oktober 2021 bis Dezember 2024 hat unsere Partnerschaft mit Opportunity International 22 Finanzinstitutionen unterstützt. Erste Schätzungen deuten darauf hin, dass über 600’000 Kinder von den Investitionen sowie den Verbesserungen der Schulgebäude und dem Zugang zur Schule profitieren werden.

Wir haben den Grossteil der Datenerhebung für unsere vierte jährliche Umfrage zur Selbstwahrnehmung der Endkundschaft abgeschlossen, an der 46 Partnerorganisationen teilgenommen haben. Die Umfrage wurde auf französischsprachige Länder in Afrika und den Sektor erneuerbare Energien ausgeweitet und lädt zu Online-Antworten in 10 Sprachen und 4 Dialekten von mehr als 48’000 Kund*innen in 18 Ländern ein. Die Ergebnisse zeigen, dass unsere Partnerschaften Kleinunternehmer*innen helfen, ihre Lebensgrundlage zu verbessern. Gleichzeitig berichten immer mehr Kund*innen, dass extreme Wetterbedingungen ihre Einkommenssituation beeinträchtigen. Unsere Investitionen in erneuerbare Energien erweisen sich als wirksam, um den Zugang zu Energie in ländlichen Gebieten und bisher unterversorgten Haushalten zu erhöhen.

Die Umfrageergebnisse ermöglichen es unseren Partnerorganisationen und uns, die Bedürfnisse, Chancen und Risiken der Kundschaft besser zu verstehen. Mehrere Partnerorganisationen haben auf dieser Basis neue und massgeschneiderte Produkte und Dienstleistungen eingeführt.

Wir haben im vierten Quartal unsere Strategie angepasst, indem wir vorsichtiger bei der Aufnahme neuer Partnerorganisationen vorgegangen sind und uns stärker auf die Unterstützung bestehender Partner konzentriert haben. Dadurch reduzierte sich die Anzahl unserer Partner von 502 auf 487. Diese Massnahmen trugen ebenfalls zu höheren  durchschnittlichen Umwelt-, Sozial- und Governance-Bewertung (ESG) unserer Partner bei, die gemäss unseren Scorecards auf 72,2 % anstieg und damit deutlich über dem Zielwert lag. Zudem führte dieser Ansatz zu einer gesteigerten Wirkung, gemessen an der Anzahl der erreichten Kund*innen.

Wir haben eine Zwischenbewertung unserer Strategie 2022-2026 abgeschlossen. Diese hat die Solidität der grundlegenden Ausrichtung der Strategie bestätigt und Änderungen aufgezeigt, die uns dabei unterstützen können, auf unvorhergesehene Marktentwicklungen zu reagieren. Dazu gehören zögerliches Wirtschaftswachstum, zunehmende Spannungen und Unsicherheiten weltweit, die verstärkten Auswirkungen des Klimawandels auf unsere Partner, Kundschaft und Gemeinschaften, steigende regulatorische Anforderungen und Berichtspflichten sowie höhere Zinssätze, Renditen und Risikostufen.

Portfolioentwicklung und finanzielle Performance

Das Entwicklungsfinanzierungsportfolio von Oikocredit verzeichnete im vierten Quartal ein kontrolliertes Wachstum. Die ausstehenden Darlehen und Kapitalbeteiligungen stiegen von 1’029,8 Millionen Euro auf 1’105,3 Millionen Euro. Dies ist vor allem auf das Wachstum in Afrika und Indien sowie auf günstige Wechselkursentwicklungen zurückzuführen.

Das Jahresergebnis wies einen Verlust von 8,1 Millionen Euro aus, nach einem positiven Zwischenstand von 1,4 Millionen Euro zum Ende des dritten Quartals. Dieses unerwartet negative Ergebnis resultierte hauptsächlich aus der aussergewöhnlichen politischen und wirtschaftlichen Instabilität in Bolivien, einem der wichtigsten Länder für unsere Entwicklungsfinanzierungen. Dort wurden die Kosten für US-Dollar im zweiten Halbjahr untragbar hoch. In Peru hatten zudem drei Partnerorganisationen Schwierigkeiten. Diese Entwicklungen führten zu erheblichen Rückstellungen für Kreditausfälle. Darüber hinaus erlitten zwei Kapitalbeteiligungen in Indien und Mexiko kurz vor Jahresende eine erhöhte Wertminderung.

Das Gesamtergebnis belief sich zum Ende des Quartals und des Jahres auf 85,1 Millionen Euro, was über dem Budget lag. Die Nettozinsmarge von Oikocredit stieg, was die zunehmenden Kredit- und Marktrisiken widerspiegelt und zu Rekordumsätzen führte. Das Verhältnis der Betriebskosten zur Bilanzsumme stieg leicht von 3,8 % auf 4,0 %. Die Liquidität verringerte sich auf 14,8 %, blieb jedoch deutlich über unserem Schwellenwert.

Der Nettoinventarwert pro Beteiligung sank von 213,15 Euro im Q3 auf 211,74 Euro, was hauptsächlich auf den Rückgang der Erträge nach Steuern im Quartal zurückzuführen ist.

Die Qualität des Portfolios verschlechterte sich. Der Anteil ausfallgefährdeter Kredite (Kredite mit Zahlungen, die mehr als 90 Tage überfällig sind) stieg von 7,5 % auf 8,3 % (Zielwert: 6 %), wobei im Jahresverlauf sowohl im Agrarsektor als auch im Bereich der inklusiven Finanzwirtschaft erhebliche Anstiege zu verzeichnen waren. Zur Verbesserung der Situation wurden verstärkte Portfolioüberwachungen und vermehrte persönliche Besuche bei Partnern umgesetzt.

Das Mitglieder- und Anlegerkapital sank von 975,4 Millionen Euro auf 967,0 Millionen Euro. Die Rückkäufe setzten sich aus verschiedenen Gründen fort: vor allem durch den Verlust von Mitgliedern aufgrund von Überprüfungen im Zuge unserer Kundensorgfaltspflicht, den Wettbewerb durch höhere Bank- und Sparzinsen sowie die vorsichtige Haltung der Anleger*innen aufgrund der aktuellen wirtschaftlichen Unsicherheit.

Organisationsentwicklung

Wie bereits angekündigt, hat Gwen van Berne, Direktorin für Finance & Risk, Oikocredit Ende 2024 verlassen, um eine neue berufliche Herausforderung anzunehmen. Gwens Aufgaben wurden vorübergehend auf die Mitglieder der Geschäftsleitung verteilt. Auch Dave Smit, Direktor für Impact Investments, hat beschlossen, Oikocredit zu verlassen, wobei sein Austritt für den 1. April 2025 geplant ist. Hans Perk, derzeit Direktor für Specialised Finance & Community Building, wird Daves Position ad Interim übernehmen und dabei Unterstützung von Ging Ledesma erhalten, die kürzlich ihre Position als Direktorin für Strategy & Sustainable Impact abgegeben hat und pensioniert wurde. Das Engagement von Hans und Ging, die aus den eigenen Reihen von Oikocredit einspringen, ist ein Zeichen organisatorischer Stärke. Sowohl Gwen als auch Dave haben wichtige Beiträge zur Genossenschaft geleistet.

Wir haben unser erstes regionales Partner-Servicezentrum in Lateinamerika und der Karibik eingerichtet, wodurch wir das Monitoring der Leistung unserer Partner verbessern konnten. Die Einführung eines ähnlichen Zentrums in Afrika ist für das erste Quartal 2025 geplant.

Ausblick auf die Zukunft

Im Jahr 2025 wird Oikocredit 50 Jahre bahnbrechendes Impact-Investing feiern. Gleichzeitig hat uns unsere Zwischenbewertung der Strategie gezeigt, dass wir uns anpassen müssen, um die vielfältigen Herausforderungen einer sich schnell verändernden Welt zu meistern. Während wir unserer Mission treu bleiben, werden wir den Fokus verstärkt auf finanzielle Nachhaltigkeit legen. Das bedeutet, Kosten und Risiken zu senken, die Produktivität zu steigern, in Technologie und Systeme zu investieren, um unsere Strategie zu unterstützen, neue und jüngere Anleger*innengruppen anzusprechen und bewusst an einem ausgewogenen Portfolioaufbau zu arbeiten – mit einem besonderen Augenmerk auf die Themen Geschlecht, Klima und Umwelt in unseren Investitionen.

Seit Februar 2025 ist unsere neue Website sowie ein neues Branding online und setzen fortan unsere neuen Fähigkeiten dafür ein, um weiteres Kapital zu gewinnen. Ein neues digitales Onboarding für Anleger*innen wird es uns ermöglichen, Dienstleistungen für neue, stärker digital orientierte Anleger*innen zu optimieren. Zudem werden wir die Qualität des Portfolios genauer überwachen, und zwar nicht nur anhand der PAR 90-Quote, sondern auch unter Berücksichtigung der PAR 30-Kennzahl (Kreditzahlungen, die mehr als 30 Tage überfällig sind) und Strategien zur Risikominderung im Portfolio einführen, die frühzeitiger greifen

Mit Unterstützung der Förderkreise freuen wir uns darauf, unsere erste Kampagne für zu starten, die dem Thema „Investitionen in den Klimaschutz“ (Invest in Climate Action) gewidmet ist.

Mirjam ‘t Lam, Geschäftsführerin von Oikocredit, kommentiert: „Nachdem wir unsere mittelfristige Strategie überprüft, organisatorische Verbesserungen umgesetzt, eine neue visuelle Identität geschaffen und unsere Führungsstruktur gestärkt haben, sind wir optimal positioniert, um mehr Wirkung zu erzielen. Als Genossenschaft verkörpert Oikocredit eine äusserst starke Organisationsform. Wenn wir alle gut zusammenarbeiten, kann dieses Jubiläumsjahr einen grossartigen Start für die nächsten 50 Jahre markieren.”

Weitere Informationen zum 4. Quartal 2024 finden Sie hier.