Den Weg in die Zukunft ebnen: Interview mit Cheryl Jackson

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Nach sechs Jahren engagierter Arbeit als Mitglied des Oikocredit-Aufsichtsrats und mehr als drei Jahren als Vorsitzende neigt sich Cheryl Jacksons zweite und letzte Amtszeit dem Ende zu. In diesem Interview spricht sie über das Wachstum von Oikocredit, ihre Erfahrungen und darüber, wie die jüngsten Veränderungen den Weg für eine stärkere und wirkungsvollere Zukunft ebnen.

Deine zweite Amtszeit als Vorsitzende des Aufsichtsrats neigt sich langsam dem Ende zu. Welches Vermächtnis hoffst du zu hinterlassen?

Ich bin seit 15 Jahren in verschiedenen Funktionen bei Oikocredit tätig und bin sehr dankbar für das Privileg, die letzten drei Jahre als Vorsitzende des Aufsichtsrats gedient zu haben. Das Erbe, das ich hinterlassen möchte, besteht darin, offene und produktive Beziehungen zu den Stakeholdern zu fördern und zu unterstützen – auf der Grundlage von Vertrauen. Als ich 2021 den Vorsitz übernahm, mussten viele Beziehungen gepflegt werden. Ich glaube, dass wir gemeinsam als Aufsichtsrat ein starkes Fundament für die solide Zusammenarbeit gelegt haben, die wir als globale Genossenschaft brauchen. Wir haben Zeit investiert, um starke Beziehungen zwischen der Geschäftsleitung, dem Mitgliederrat, dem Betriebsrat und den Mitgliedern von Oikocredit sowie den Fördervereinen aufzubauen. Auf unserem weiteren Weg wird offene und produktive Kommunikation eine Schlüsselrolle in der Organisation spielen. Ich bin zuversichtlich, dass der Aufsichtsrat auch weiterhin den offenen Dialog fördern und unterstützen wird, sowohl bei einfachen als auch bei herausfordernden Themen.

Wer wird die oder der nächste Vorsitzende sein und auf welche Qualitäten hat der Aufsichtsrat bei der Wahl dieser Person geachtet?

Im Januar wählten wir Arpita Pal Agrawal zur Vorsitzenden und Gaston Aussems zum stellvertretenden Vorsitzenden. Beide treten ihre neue Rolle per 1. April an. Arpitas Weg bei Oikocredit begann im Juni 2022. Seitdem hat sie einen fundierten und praktischen Einblick in unseren Auftrag, unsere Struktur und unsere Arbeit gewonnen. Arpita verfügt über einen reichen Erfahrungsschatz im Bereich des inklusiven Finanzwesens: Sie war in Vorstands- und Aufsichtsräten von Institutionen tätig, die unsere Werte teilen, darunter ein Verband, der über 200 gemeinnützige Organisationen vertritt. Ihr spezifisches Fachwissen in Indien – wo Oikocredit durch Maanaveeya stark vertreten ist – ist ein unschätzbarer Gewinn für unsere Arbeit.

Neben ihrem Fachwissen haben Arpitas Herzlichkeit und ihre bemerkenswerte Fähigkeit, mit Menschen in der gesamten Organisation – von der Geschäftsleitung über die Mitarbeitenden bis hin zu unseren Fördervereinen – in Kontakt zu treten, sie zu einer vertrauenswürdigen und respektierten Führungskraft gemacht. Letztes Jahr leitete sie die Generalversammlung von Oikocredit in Costa Rica. Dort hatte sie Gelegenheit , sich mit Mitgliedern und Mitarbeitenden aus unserem weltweiten Netzwerk auszutauschen.

Oikocredit feiert ihr 50-jähriges Bestehen. Welche wichtigen Meilensteine aus deiner Zeit im Aufsichtsrat haben die Entwicklung der Genossenschaft geprägt?

Der Wechsel zu einem neuen Anlagemodell war ein wichtiger Meilenstein. Einen wesentlichen Teil unseres bisherigen Erfolgs verdanken wir der Arbeit der Fördervereine.  Sie haben enge Beziehungen zu unseren Anleger*innen und brachten in der Vergangenheit einen Grossteil des Kapitals auf, das wir zur Erfüllung unseres Auftrags benötigen. Ich sehe ihre Bemühungen in meinem eigenen Land und weiss, dass wir sie in ihren neuen Rollen auch weiterhin als wichtige Partner sehen werden: Sie konzentrieren sich künftig auf den Community-Aufbau, die Bewerbung unserer Marke, Bildungsarbeit und die Beziehung zu unseren Anleger*innen.

Die Entwicklung eines gemeinschaftsorientierten Ansatzes ist ebenfalls von grosser Bedeutung.  Unsere aktuelle Strategie – einschliesslich der Zwischenbilanz – fokussiert die Zukunft von Oikocredit auf klimaintelligente Projekte, Finanzierungen, die die Resilienz von Gemeinschaften stärken  und natürlich auf nachhaltiges Wirkungsmanagement.

Die Entwicklung im Bereich des inklusiven Finanzwesens, einschliesslich Problemen wie der Marktsättigung in Kambodscha und anderen Regionen, hat uns auch dazu veranlasst, dazuzulernen und zu überlegen, wie und wo wir uns am besten einbringen können, um echte Wirkung zu erzielen.

Wir können die Erkenntnisse aus der Umfrage zur Selbstwahrnehmung der Kundschaft, einem weiteren wichtigen Meilenstein, nutzen, um zu ermitteln, wie Finanzdienstleistungen das Leben der Kundschaft unserer Partner verbessern und ihre Bedürfnisse erfüllen können, insbesondere im Bereich der Klimaresilienz. Dies hilft uns auch bei der Zusammenarbeit mit unseren Partnern bei der Entwicklung gezielter Lösungen, die die Gemeinschaften wirklich unterstützen.

Oikocredit muss auch in Zukunft in der Lage sein, auf Veränderungen und Umbrüche im Markt zu reagieren und sich anzupassen, ohne dabei unsere Mission aus den Augen zu verlieren, in Menschen zu investieren.

Das bedeutet, dass wir uns eng mit unseren Regionalbüros in den Ländern, in denen wir investieren, sowie mit unseren Zweigstellen und Fördervereinen in den Ländern, in denen wir Kapital beschaffen, abstimmen, damit wir uns schnell an die Bedürfnisse unserer Partner und Anleger*innen anpassen können – und vor allem an die Bedürfnisse der Menschen, denen wir gemeinsam dienen.

Oikocredit hat das Potenzial, in der sich schnell verändernden Branche der wirkungsorientierten Geldanlagen den Massstab für Wirkung und Performance zu setzen. Als Pionierin in diesem Bereich können wir mit unserer Vision, unseren Werten und unserer Wirkung eine Vorbildfunktion übernehmen. Die laufenden internen Projekte, über die wir gerade gesprochen haben – unsere strategischen Überprüfungs- und Umsetzungsprozesse, operative Optimierungen, kulturelle und strukturelle Veränderungen und das Projekt der genossenschaftlichen Identität – werden dazu beitragen, diese Vision voranzutreiben.

Was nimmst du aus deiner Zeit bei Oikocredit mit?

So viel! Die unschätzbaren Beziehungen, die ich aufgebaut habe. Das Wissen, das ich erworben habe. Und mein persönliches Wachstum in 15 Jahren bei Oikocredit. Wenn ich zurückblicke, bin ich erstaunt, wie sehr sich unsere Genossenschaft entwickelt hat – und wie sehr die Mitarbeit in dieser Genossenschaft mich geprägt hat.

Oikocredit hat mein Verständnis für die verschiedenen Probleme in der Welt, für die Sektoren, in denen wir tätig sind, und für die Kraft der Zusammenarbeit in einem kooperativen Umfeld vertieft. Ich bin dankbar für alles, was ich gelernt habe, und für die Erfahrungen, die mir bleiben werden. Und ich bin besonders dankbar für die Freundschaften, die ich geschlossen habe und die ich weiter pflegen werde.

Als Mitglied meines lokalen Fördervereins freue ich mich darauf, mich weiterhin aktiv zu engagieren.

Oikocredit wird mich auf meinem Weg immer begleiten.