Klausur im Kloster

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Zwei Mal im Jahr trifft sich der Vorstand des Förderkreises Niedersachsen-Bremen in Präsenz. Dieses Mal im Kloster.

Ich muss ins Kloster in die Klausur.

Zwei Mal im Jahr trifft sich der Vorstand unseres Förderkreises Niedersachsen-Bremen in Präsenz und nicht wie sonst am Computer über Zoom. Wir nennen das „Vorstands-Klausur” und dieses Mal fand sie tatsächlich in einem Kloster statt – bei den Birgitten-Schwestern in Bremen. Erstaunlich,  mitten im Bremer Schnoor-Viertel wurde 2001-2002 auf dem Grundstück einer ehemaligen Bäckerei ein Kloster neu gebaut – die erste Klostergründung in Bremen seit dem Mittelalter. Ein schöner Tagungsort mit Klostergarten, wo die aus Indien, Indonesien und Polen stammenden Ordensfrauen die Hotelgäste umsorgen.

Natürlich hatte mein Zug wieder Verspätung, aber ich komme noch innerhalb der Anreise-Stunde zu den bei Kaffee und Kuchen versammelten Vorstandskolleginnen und -kollegen. Allmählich wird unsere 8er-Runde aus Braunschweig, Hildesheim, Hannover, Bremen, Osnabrück vollzählig. Wir wechseln in den Seminarraum und die eigentliche Sitzung beginnt. Es wird zurückgeblickt, was im letzten Jahr erreicht und nicht erreicht wurde. Was hat jedem/jeder persönlich an der Vorstandsarbeit Spaß gemacht? Wo fühlt man sich nicht so gut? Es wird diskutiert, wie man dem Namen Oikocredit zu mehr Bekanntheit verhelfen kann. Komisch, es gibt uns schon seit 50 Jahren und trotzdem erntet man im Bekanntenkreis meistens ein „nie gehört“, wenn man auf Oikocredit anspricht.

Nach dem Abendessen im Kloster kommt Sightseeing. Videoprojektionen bestrahlen die Fassaden ehrwürdiger Häuser. Das Motto der Bremer Künstler war „Vier Jahreszeiten“. Vivaldis Musik klingt über den belebten Domplatz. Auf den Fassaden erscheinen Symbole von Frühling, Sommer, Herbst und Winter. Die immer kälter werdenden Füße erinnern uns daran, dass wir uns im Winter befinden. Also geht’s wieder zurück ins Kloster zum Plauderstündchen und Tagesbeschluss.

Bremen: Lichter der Citiy

Der nächste Tag bringt Neuigkeiten. Wir werden unsere zukünftige Geschäftsführerin kennenlernen. Obwohl sie erst im März bei uns anfangen wird, hat sie sich heute für uns Zeit genommen. Großes Dankeschön! Und es gibt noch mehr neue Bekanntschaften. Doch dafür muss die kontemplative Klosterbibliothek erst einmal in einen Video-Konferenzraum verwandelt werden. Kamera und Lautsprecher werden aufgebaut. Natürlich fordert die Software gerade jetzt ein Update, wo die Zeit knapp wird. Und ist die Hardware etwa zu alt und zu langsam? Mit zehn Minuten Verspätung, mit drei den Laptop beschwörenden Experten und nach einigem sich tonlos Zuwinken ist die Verbindung hergestellt: aus Berlin, Chemnitz, Wittenberg und Jena begrüßt uns der Vorstand des Oikocredit-Förderkreises Ostdeutschland. Mit dem werden wir uns die neue Geschäftsführerin teilen. Kennen lernen, Absprachen, Verabredungen, abschließendes Winken – und weiter geht’s mit unserer Agenda: Aktivitäten zur Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit für die Oikocredit-Idee (im internen Jargon als GLTA abgekürzt), wie wollen wir das 50-jährige Bestehen von Oikocredit im Jahr 2025 begehen? Ideen steigen auf, Standpunkte werden debattiert, Aufgaben werden übernommen. Und dazu gibt es noch den von Bärbel gebackenen Geburtstagskuchen, denn eine der Anwesenden hatte gestern Geburtstag.

Auf dem Heimweg im sogar pünktlichen Zug lasse ich die Zeit im Kloster in mir nachklingen: Verschiedene Menschen, gemeinsame Ziele, gegenseitige Wertschätzung, Hilfsbereitschaft, kleine Katastrophen – es war mal wieder gelungen.

Heinz-Christian Fründ, Osnabrück